Wenn «Der Spiegel» je das «Sturmgeschütz der Demokratie» war, wie Rudolf Augstein über das von ihm gegründete Nachrichtenmagazin behauptete, dann ist der Kolumnist Jan Fleischhauer der Kanonier, der die rechte Flanke abdeckt. Viel gelesen und beachtet, aber eben nur konservativer Solitär in einer Redaktion, die seiner Beobachtung nach «Grün-Rot eine stabile Mehrheit [sichert]». Nun hat Fleischhauer kapituliert und ist zu «Focus» gewechselt. Ein Aufstieg ist das nicht. Das Münchner Magazin kämpft vor allem mit Fitnessthemen gegen den Auflagenschwund.
Fleischhauer ist das wohl prominenteste Beispiel, wie es deutschen Journalisten ergeht, die sich wacker dem Mainstream entgegenstellen. Dass mit der AfD eine starke nationalkonservative Partei herangewachsen ist, hat die meisten deutschen Medien nicht bewogen, diesem Stimmungswandel in Deutschland auf den Grund zu gehen. Sondern hat, ganz im Gegenteil, zu einer Wagenburg-Mentalität geführt: «Spätestens seit der Flüchtlingswelle ab 2015 ist es für viele Journalisten wichtiger, die richtige Haltung zu zeigen, anstatt neutral zu informieren», sagt der Berliner Medienwissenschafter Norbert Bolz. ZDF und ARD werben sogar mit dieser Abkehr vom Grundsatz, den der erste Tagesthemen-Moderator Hajo Friedrichs zum journalistischen Credo erhoben hat: «Mache dich mit keiner Sache gemein – auch nicht mit der guten.»
Aus der Krise
Heute nehmen Friedrichs’ Nachfolger einen Spitzenplatz ein, wenn es um negative Trump-Berichterstattung geht (98 Prozent), wie eine internationale Vergleichsstudie der Universität Harvard von 2017 ergab. Der US-Präsident steht für das Böse schlechthin – in einer Reihe mit «Klimaleugnern» und «Rassisten», die sich der Merkelschen Willkommenskultur widersetzen. So hat die Hamburg Media School nachgewiesen, dass «2015 insgesamt 82 Prozent aller Beiträge zur Flüchtlingsthematik positiv konnotiert waren und zwei Drittel die Probleme der Zuwanderung nicht benannt oder bewusst ignoriert haben». In der Bevölkerung war es genau umgekehrt, was den Vertrauensverlust in deutsche Medien erklärt, wie die Meinungsforscher von Allensbach bereits 2016 ermittelt haben.
Während Interviews mit konservativen Politikern Verhören gleichen, muss das grüne Spitzenpersonal kaum fürchten, dass sein moralischer Rigorismus blossgestellt wird.
In einer kürzlich vorgelegten Studie kommt Journalistikprofessor Michael Haller zur Erkenntnis, dass die Medien aus der Flüchtlingskrise nichts gelernt hätten: Am Beispiel des Uno-Migrationspaktes verdeutlicht die von der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung initiierte Analyse, dass auch bei diesem Konfliktthema den Gegenargumenten kaum Raum gegeben und stattdessen die Position von SPD und Grünen übernommen wurde. Bei der Debatte um Klimawandel und Energiewende spielen abweichende Meinungen ebenfalls eine untergeordnete Rolle. Entsprechend breit ist der Raum, den deutsche Medien grünen Themen geben. Es gibt derzeit kaum eine Talkshow ohne Robert Habeck, Annalena Baerbock und Co.
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Bild von kai kalhh auf Pixabay