Nachdem er der Regierung widersprochen hatte, musste Hans-Georg Maassen seinen Posten räumen: Nun hofft er, dass ihm bald Kanzlerin Merkel in den Ruhestand folgen wird.
Sie sind nach Ihrem Abgang von der Spitze des Verfassungsschutzes der als konservativ geltenden Werteunion der CDU beigetreten. Streben Sie ein politisches Amt an?
Hans-Georg Maasen: Weil ich der Überzeugung bin, dass die CDU-Mitglieder dort Positionen vertreten, die auch von der Bundes-CDU stärker zum Ausdruck gebracht werden sollten. Die Werteunion wächst deutlich und erhält auch Zuspruch von vielen ehemaligen CDU-Mitgliedern, die die Partei aus Enttäuschung verlassen hatten. Jetzt kommt es darauf an, dass es durch die Werteunion zu einer Veränderung der Politik kommen wird.
In welche Richtung sollte sich die CDU Ihrer Meinung nach denn bewegen?
Die CDU hat viele eigene Positionen geräumt und sich grüne und sozialdemokratische Forderungen zu eigen gemacht, um weiter in der Regierung zu bleiben. Dabei wurden aus Sicht vieler Mitglieder auch rote Linien überschritten. Die CDU muss eine klare Abgrenzung vornehmen zu den Positionen der SPD und denen der Grünen. Wir brauchen eine CDU, die sich stärker an Überzeugungen und Werten orientiert und nicht daran, was nach Meinung von Medien oder Meinungsforschungsinstituten mehrheitsfähig sein könnte.
Sie kritisieren damit Kanzlerin Merkel, die die CDU 18 Jahre lang präsidiert und in dieser Zeit modernisiert hat. Der Kurs war notabene ein Erfolgsrezept. Die Union hat seit 2005 alle Bundestagswahlen für sich entschieden.
Ich würde nicht sagen, dass die CDU «modernisiert» worden ist. Der Ausdruck ist mir zu schillernd. Sie ist «verändert» worden. Werte, die den Markenkern der CDU über Jahrzehnte bildeten, wurden aufgegeben, SPD und Grüne wurden dagegen kopiert und thematisch enteignet – Stichworte: Mindestlohn, Asylpolitik, Wehrpflicht, Atomausstieg, Umweltpolitik. Damit ist die CDU für klassische SPD-Wähler geöffnet worden, allerdings zu einem hohen Preis, nämlich dem Verlust unserer Identität, vieler Mitglieder und Wähler und der Etablierung einer neuen rechten Partei. Ich sehe darin kein Erfolgskonzept. Die SPD dagegen brauchte nicht mehr für ihre Positionen zu kämpfen, weil die CDU diese Positionen übernommen hatte, ohne dass es in der CDU darüber eine Auseinandersetzung gegeben hätte. Da sind wir an einem Punkt, mit dem sich übrigens nicht nur CDU-Mitglieder, sondern auch viele Menschen im Land beschäftigen.
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