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Wer bestimmt die Regeln der "regelbasierten Weltordnung"?

Gesellschaft
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Der globale Westen redet viel darüber. Das zeigt, dass er die Regeln immer weniger bestimmt. Doch die Mehrheit der Weltbevölkerung hat keinen Grund, sich auf eine Seite zu stellen.

Da war sie wieder, die Phrase von der regelbasierten Weltordnung, die von China und Russland verletzt beziehungsweise missachtet werde. Es ist kein Zufall, dass diese Phrase auf dem G7-Außenministertreffen in Japan vor einigen Tagen besonders häufig strapaziert wurde. Denn dort trafen sich Staaten, die tatsächlich für Jahrzehnte die Regeln der Welt bestimmt haben – und die mittlerweile registrieren, dass die Welt heute eben nicht mehr nach ihren Regeln spielt.

Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, das Vereinigte Königreich und die USA – sowie die Europäische Union mit G7-Beobachterstatus – das ist der globale Westen, der sich zu lange einbildete, er wäre die Welt. Dabei waren vor allem kolonialistische Ausbeutung und Zwangsarbeit – im Falle Deutschlands auch die nationalsozialistische Raubpolitik – das Fundament seiner Macht. Doch die Welt hat sich verändert. Längst sind andere Staaten wie China und Indien ökonomisch potenter.

Wenn die ökonomische Macht schwindet, besinnt man sich auf "Werte"

Als die heutigen G7-Staaten die Regeln der Weltordnung bestimmten, redeten sie kaum darüber. Die Phrase von der regelbasierten Weltordnung hat erst Konjunktur, seit immer deutlicher wird, dass sie ihre Macht verlieren werden und die Regeln zumindest nicht mehr alleine bestimmen können. Das ist aber nicht verwunderlich. Das Lamento von den verletzten Regeln beginnt auch im Kleinen meistens dann, wenn sie infrage gestellt oder missachtet werden.

Wenn die Regeln hegemonial sind und kaum in Frage gestellt werden, dann wird auch kaum darüber geredet. Das ist gerade das Wesen der Hegemonie, dass die Macht eben gar nicht infrage gestellt wird – dann wird auch nicht darüber geredet, sondern die Mächtigen herrschen einfach. Es ist eben ein Zeichen der Defensive, dass auf den G7-Treffen so viel über die verletzte regelbasierte Weltordnung lamentiert wurde.

Das zeigt, dass die Regeln eben nicht mehr nach ihrer Melodie funktionieren. Hier zeigt sich dann auch, dass eben die Ökonomie die Grundlage ist, auf der Macht und Einfluss von Staaten funktionieren. Und da führen die G7-Staaten eben längst nicht mehr. Deshalb wird auch so viel über Werte geredet, die angeblich universell sind – auch wenn westliche Staaten wie Deutschland hier in der Praxis erkennbar mit zweierlei Maß messen, etwa bei Energiepartnerschaften mit reaktionären Golfmonarchien als Alternative zur Abhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen.

Durch die Betonung ideeller Werte wollen Staaten ihre ökonomische Schwäche ausgleichen: Sie bilden sich ein, die ganze Welt zu sein, weil sie angeblich universelle Werte vertreten. Nur wissen auch die Politiker und Funktionäre des Wertewestens, dass damit die ökonomische Schwäche nicht kompensiert werden kann. Daher versucht der Wertewesten seinen schrumpfenden Einfluss als guter Materialisten nicht mit dem Beschwören von Werten, sondern durch Embargos und Wirtschaftskriege gegen die aufstrebenden Kontrahenten aufzuhalten.

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