Was bleibt von der Politikerin für die Geschichtsbücher? Ziemlich viel. Jetzt ist Zeit, die Bilanz zu ziehen
Vor einiger Zeit machte sich der Kommentator Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung Gedanken, was das „Alpha und Omega“ von Merkels Kanzlerschaft bilden könnte. Die Formulierung findet sich bei ihm mehrmals; sie soll den symbolischen Eingang und Ausgang ihrer Regierungszeit bedeuten, das, was für die Geschichtsbücher bleibt. Vor allem „das große Omega einer großen politischen Karriere“ liegt Prantl am Herzen. Große Journalisten lieben solche Formulierungen.
Was bleibt, konzentriert sich bei Politikern in Taten, Sätzen oder beidem. In einem Satz wie Brandts „wir wollen mehr Demokratie wagen“, in Helmut Schmidts Entscheidung, die “Landshut“ stürmen zu lassen, in Helmut Kohls Griff nach der Einheit. Bei Angela Dorothea Merkel läuft es auf zwei Äußerungen aus dem Jahr 2020 zu, die zwar nicht am Anfang und Ende der Kanzlerschaft stehen, sich aber symmetrisch zueinander verhalten und ihr politisches Erbe mehr oder weniger zusammenklammern.
Eigenartigerweise ist es bisher nur weniger aufgefallen, wie ideal sie zusammenpassen. Möglicherweise liegt es daran, dass es sich einmal um zwei Sätze handelte, das andere Mal um Schweigen, was bekanntlich unter bestimmten Umständen auch eine Äußerung sein kann. Jedenfalls ist es jetzt Zeit, da sich Blicke gerade auf die USA richten, auf das EU-Milliardenprogramm, statt der Details das Große und Ganze von Merkels Kanzlerschaft zu betrachten. Denn jetzt steht ihr politisches Vermächtnis weitgehend fest.