Dass die russische Regierung die Geduld mit dem Westen verloren hat, ist nicht neu und wurde in den letzten Monaten an vielen russischen Erklärungen deutlich. Am 20. Juli hat der russische Präsident Putin auf einem Forum junger Leute gesprochen, die an einem Wettbewerb teilgenommen, in dem Russen ihre Ideen für die künftige Entwicklung ihres Landes vorstellen konnten. Die von der Jury ausgewählten Ideen werden vom russischen Staat unterstützt und umgesetzt.
Putin hielt dabei zunächst eine Rede und stellte sich dann in einer Podiumsdiskussion, an der auch der Chef einer der größten russischen Banken teilnahm, die die Projekte finanzieren wird, den Fragen der Teilnehmer. Leider war die Diskussion mit knapp zwei Stunden zu lang, um sie komplett zu übersetzen. Ich übersetze daher den Teil seiner Rede, in der es um die geopolitischen Umwälzungen ging, die derzeit stattfinden, und werde anschließend auf einige seiner Antworten auf Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum eingehen.
Beginn der Übersetzung des Ausschnitts aus der Rede:
Der Mechanismus dieses Wettbewerbs wird den Herausforderungen unserer inneren Entwicklung und unserer Zeit gerecht, in der wirklich revolutionäre Umwälzungen immer mehr an Dynamik und Kraft gewinnen. Diese gewaltigen Veränderungen sind natürlich unumkehrbar. Und sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene werden die Grundlagen und Prinzipien einer harmonischen, gerechteren, sozialeren und sichereren Weltordnung erarbeitet – eine Alternative zur bestehenden oder, wie man sagen kann, unipolaren Weltordnung, die ihrem Charakter entsprechend zu einer Bremse für die Entwicklung der Zivilisation wird.
Das Modell der totalen Dominanz durch die so genannte goldene Milliarde ist ungerecht. Warum sollte diese „goldene Milliarde“ die gesamte Weltbevölkerung dominieren und ihr ihre eigenen Verhaltensregeln auferlegen, die auf der Illusion der eigenen Ausschließlichkeit beruhen? Sie teilt die Menschen der Welt in Völker erster und eine zweiter Klasse ein und ist daher ihrem Wesen nach rassistisch und neokolonial. Und die ihr zugrunde liegende globalistische, angeblich liberale Ideologie nimmt immer mehr Züge des Totalitarismus an, der die kreative Suche, das freie historische Schaffen einschränkt.