Ich traute meinen Ohren nicht, was der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, heute auf der Bundespressekonferenz sagte. Und habe es mir im Video extra noch mehrmals angehört, um auszuschließen, dass ich mich verhört habe (was Sie auch können, hier):
Die Inzidenz sei „eine Kennzahl, aber wir haben ja immer gesagt, dass es auch eine Menge von anderen Kennzahlen gibt, die wir beachten müssen. Und diese Inzidenz ist halt die Zahl, die sich am schnellsten ändert. Das heißt, sie ist eine gute Kennzahl, wo man schnell eskalieren sollte. Wenn man also sieht, die Inzidenz geht hoch, dann muss man schnell reagieren. Wenn man über Deeskalation spricht, also darüber, dass man quasi hier und dort lockern möchte, dann ist die Inzidenzzahl nicht die beste Zahl, sondern da gibt es andere Parameter, die ein bisschen besser geeignet sind, zum Beispiel die Belegungszahl der Intensivbetten, weil die ja in der Regel etwa zwei Wochen den Krankheits- und Infektionsfällen hinterherläuft; zwei, vielleicht drei Wochen.
Das heißt, es ist immer die eine Zahl, die im Vordergrund bislang steht, aber natürlich betrachten die Menschen auch andere Zahlen. Aber sie brauchen ja einen Indikator, einen Richtwert, und in dem Bereich bewegt man sich dann. Sie wissen, dass wir das unterschrieben haben, die Publikation von Frau Priesemann, da steht drinnen eine Inzidenz von zehn, das wäre eine coole Zahl, weil wir davon ausgehen, wenn wir zehn haben, dann haben wir 830 Fälle ja pro Tag, und ich hatte schon im Frühjahr gesagt, dass das eine Zahl ist, wo wir wirklich gut regulieren können und das Geschehen kontrollieren können, und da hat sich meine Einschätzung nicht geändert.
Ich denke sogar, dass inzwischen sogar viele Gesundheitsämter auch etwas mehr noch können, weil sie aufgestockt haben an Personal und auch digital. Aber das ist eine Zahl, mit der könnten wir super kontrollieren, und das ist ja wirklich wichtig.“
In wenigen Minuten entlarvt und zerlegt damit der Leiter der obersten Bundesbehörde entscheidende Teile der Corona-Politik der Bundesregierung. Nur offenbar merkt es keiner. Nicht einmal er selbst. Es gab zu seiner Aussage keine kritische Nachfrage. Leider kam ich selbst nicht zu Wort auf der Bundespressekonferenz und konnte nicht fragen (siehe hier).