Kurz bevor das Gericht in München das Verfahren gegen Beate Zschäpe beenden will, stapeln sich in der NSU-Aufklärung die Widersprüche. Zu zahllosen anderen Fällen von verschwundenen Akten kommt nun ein neues Beispiel. Die Nebenklage versucht weiter, dem Verfassungsschutz seine Beteiligung an den Morden nachzuweisen.
Auch die Bundesanwaltschaft ließ in großem Umfang Unterlagen für das NSU-Verfahren vernichten. Wie der investigative Journalist Dirk Laabs aus dem Untersuchungsausschuss erfuhr, haben die Obersten Strafverfolger im November 2014 die Vernichtung von Asservaten veranlasst, obwohl die Dokumente eine Schlüsselfigur im NSU-Verfahren betreffen.
Die Akten betreffen den Chemnitzer Neonazi Jan Werner. Er ist seit dem Jahr 2012 Beschuldigter im NSU-Komplex. Laut Staatsanwaltschaft hatte er den Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe geholfen, in seiner Stadt Fuß zu fassen, als die drei gerade aus Thüringen geflohen waren.
Zudem soll Jan Werner für die drei Waffen beschafft haben. Bei kaum einer Waffe, die dem NSU zugerechnet wird, konnte bislang ermittelt werden, woher sie ursprünglich stammt. Deswegen ist auch heute noch jeder mutmaßliche Waffenlieferant von großem Interesse.
Als der Beauftragte des Bundesuntersuchungsausschusses Heintschel-Heinegg sich jedoch im Juli 2016 bei der Bundesanwaltschaft nach den bei Werner gefundenen Notizbüchern erkundigte, machte die Bundesanwaltschaft eine überraschende Feststellung: Ausgerechnet Bundesanwälte hatten angeordnet, ein Notizbuch und alle noch vorhandenen Asservaten aus dem Besitz Werners zu vernichten.