Quelle: www.kp.ru, Übersetzung: fit4Russland
"Komsomolskaja Prawda": Vielen Dank, Herr Präsident. Für mich eine große Ehre und Freude, Sie zu treffen... die Situation in Syrien wird immer gefährlicher und unberechenbarer. In den Konflikt zieht es immer mehr Teilnehmer und Spieler. Zum Beispiel, wer kämpft jetzt in Syrien? Iran, Libanon (ich meine die Hisbolla), Russland , Türkei,und eine Koalition von Willigen unter Führung der USA. China zeigt sein Interesse. Sind Sie nicht beunruhigt, dass dieser Konflikt in einen Dritten Weltkrieg eskalieren kann? Oder ist es bereits der Beginn des Dritten Weltkriegs?
Bashar Al-Assad: Erstens, wenn man über ein Problem spricht, dann muss man über die Quelle des Problems reden: Das ist der Terrorismus. Egal, wer sich jetzt in die syrischen Angelegenheiten einmischt. Das Wichtigste ist, wer unterstützt die Terroristen täglich und stündlich? Das ist das Hauptproblem. Wenn wir dieses Rätsel lösen, dann wird dieses komplizierte Muster, wie Sie es beschrieben haben, an Bedeutung verlieren. Wir können dieses Problem lösen. Weil: Die Frage besteht nicht darin, welche Länder mischen sich jetzt in die Angelegenheiten des Landes ein, sondern darin, welche Länder unterstützen die Terroristen? Weil Russland, Iran und Hisbolla sind unsere ständigen Verbündeten und sie sind hier auf legaler Basis. Sie kämpfen gegen Terroristen, aber es gibt andere Länder, die sich gerade mit dem Ziel der Unterstützung der Terroristen einmischen. Deswegen liegt die Hauptfrage nicht in der Anzahl der Spieler sondern die wichtigste Frage ist, wer von denen den Terrorismus unterstützt.
Zweitens, bezüglich des Dritten Weltkriegs. Dieser Begriff wird häufig verwendet - vor allem nach der jüngsten Eskalation über die Lage in Syrien. Heute erleben wir eine Situation, die dem kalten Krieg ähnelt. Das ist etwas, was erst vor kurzem begann, deswegen denke ich, dass der Westen und insbesondere die USA mit dem kalten Krieg gar nicht aufgehört haben, auch nicht nach dem Zusammenbruch der UdSSR.
"Komsomolskaja Prawda": Ja, er geht weiter.
Bashar Al-Assad: Es gibt viele politische Szenen in diesem Prozess, und Syrien ist eine der wichtigsten. Wir sehen eine Eskalation des Konflikts, aber das wichtigste gegnerische Ziel ist die Erhaltung der amerikanischen Hegemonie über die Welt, nicht zuzulassen, dass irgendjemand einen Partner dagegen auf der politischen oder der internationalen Bühne sucht und findet, sei es Russland oder sogar US-Verbündete im Westen. Deshalb liegt der Geruch des Krieges, den Sie beschreiben, der eines Dritten Weltkrieges, geradezu in der Luft, aber es ist noch keine direkte militärische Konfrontation. Obwohl es hat bereits militärische, terroristische und politische Komponenten. Sie haben also Recht in ihrem Vermutung, aber Syrien ist nur ein Teil dieses Krieges.
"Komsomolskaja Prawda": Aber Sie sagten, dass Syrien ist zu einem wichtigen Schauplatz dieses Krieges geworden sei. Es ist klar, Syrien ist ein großes Land, Sie haben Öl, aber Sie sind doch nicht ein Global-Player wie Saudi-Arabien. Warum gerade Syrien?
Bashar Al-Assad: Hier gibt es viele Aspekte. Wenn wir über den regionalen Konflikt reden, so hat Syrien gute Beziehungen mit dem Iran, Saudi-Arabien jedoch will den Iran komplett zerstören in jeder Hinsicht und aus verschiedenen Gründen. Deshalb wollen sie, dass Syrien sich mit dem Rücken zum Iran dreht. Weil die Zerstörung Syriens negative Auswirkungen auf den Iran haben wird. Ich sehe es so. Der Westen, der die langjährige Zusammenarbeit zwischen Russland und Syrien beobachtet, setzt darauf, dass die Zerstörung Syriens einen ebenfalls negativen Einfluss auf Russland nehmen kann.
Aber es gibt noch etwas: Die historische Rolle Syriens nämlich. Seit Jahrhunderten war und ist Syrien die Quelle der geopolitischen Dynamik im Nahen Osten. Daher war die Kontrolle über Syrien schon in der Zeit der Pharaonen (noch vor Christi) äußerst bedeutend. Für Syrien wurde es geradezu gewöhnlich, stets zu kämpfen – gegen die Pharaonen, gegen die Hethiter. . .
Es ist eine historische Erfahrung. So hat Syrien eine gute strategische Lage am Mittelmeer und hier verläuft die Trennlinie zwischen verschiedenen Kulturen. Deshalb ist eine Kontrolle über Syrien wichtig für die Kontrolle über die gesamte Region.
Und dann tritt Syrien auf als ein unabhängiges Land aber der Westen akzeptiert niemals die Unabhängigkeit von Ländern, egal ob es das kleine Syrien oder das große Russland ist...
Was haben sie denn für Probleme mit Russland? Denn das schützt doch nur sein Recht "Ja" oder "Nein" sagen zu können. Aber der Westen will, dass alle ihm ständig zustimmen. Das gleiche Problem hat also Syrien mit "dem Westen".
"Komsomolskaja Prawda": Einige westliche Medien behaupten, dass der Krieg in Syrien zu einem direkten Konflikt zwischen Russland und den USA geworden ist. Würden Sie dem zustimmen?
Bashar Al-Assad: Ja, aus einem einfachen Grund. Als ich am Anfang sagte, dass das Problem im Terrorismus liegt, meinte ich folgendes. Russland will den Terrorismus bekämpfen, nicht nur wegen Syrien und nicht nur wegen Russland. Sie kämpfen für die ganze Region, für ganz Europa und für die ganze Welt. Die Russen verstehen, dass der Terrorismus stetig wächst, seitdem die Amerikaner sich seit dem Krieg in Afghanistan in den frühen Achtzigern bis zum heutigen Tage sicher sind, dass der Terrorismus eine Trumpfkarte ist, die sie jederzeit auf den Tisch werfen können. Sie können sie in der Tasche behalten oder sie, wenn es ihnen notwendig scheint, ziehen. Deshalb sprechen wir hier von verschiedenen Ideologien, über verschiedene Ansätze. Deshalb ist der russisch-amerikanische Konflikt ein ganz natürlicher. Selbst wenn es einen Dialog zwischen USA und Russland gibt, sprechen sie über absolut verschiedene Dinge.
"Komsomolskaja Prawda": In der Region entstand ein neuer Spieler. Was ist Ihre Meinung über die Rolle der Türkei in diesem Krieg?
Bashar Al-Assad: Die Türken behaupten, dass sie durch ihre Bombardierungen, Truppen und lokalen gemäßigten Kräften den ISIS bekämpft hätten. In der Tat übergeben sie jedoch einfach die Kontrolle über das Gebiet an jene Kräften, die sie zuvor selbst aufgebaut haben.
"Komsomolskaja Prawda": Kann Russland mit der Türkei zusammenarbeiten?