Das Ding ist durch. Was soll man überhaupt noch schreiben; es ist eh alles Schall und Rauch. Die Möglichkeiten des Einzelnen, dem grassierenden Wahnsinn etwas entgegenzusetzen, sind in diesem Land ungefähr dieselben wie für einen Vertreter des Dritten Standes in den Zeiten des Ancient Regime im Frankreich des frühen 18. Jahrhunderts.
Wo Opposition entweder kriminalisiert oder erfolgreich bestochen wird, wo Vorbehalte und Widerstand gegen eine für grundfalsch erkannte Politik sogar in den eigenen Reihen zwar wortreich artikuliert, am Ende aber doch aufgegeben wird und sich jeder Abweichler der Fraktionsdisziplin unterwirft, wo Gerichte von denselben Parteien kontrolliert werden, über deren Rechtsbrüche sie urteilen sollen, und wo Journalisten tendenziell nicht mehr den Regierenden misstrauen, sondern denen, die sie kritisieren: Dort braucht man nicht mehr von Demokratie zu reden.
Die Demokratie in der zweiten deutsche Republik wurde von denen erfolgreich delegitimiert, die sie zu schützen und zu „leben“ behaupten.
Bekanntlich besteht die einzige politsiche Mitsprache, die Bürger in diesem Land haben, darin, alle paar Jahre in Kreuzlein auf einem gefalteten Zettel zu machen. Sie wählen dort zwischen verschiedenen Versprechen aus – und entscheiden sich für das, welches sie für am wenigsten unzumutbar halten. Daraus wird dann später ein „Wählerauftrag“ abgeleitet. So fragwürdig dieses ohnehin geringe Maß an Mitbestimmung für sich betrachtet bereits ist: Es setzt zwingend voraus, dass die Offerten, zwischen denen ausgewählt werden kann, seriös und verpflichtend sind.
Wie die genaue Umsetzung und Ausgestaltung des Zugesagten am Ende aussieht, kann natürlich kein Wähler wissen und war stets auch koalitionsbedingten Kompromissen unterworfen; aber der Wähler muss sich darauf verlassen können, das, was er mit seiner Stimme „demokratisch“ beauftragt hat, der grundsätzlichen Ausrichtung nach und im Großen und Ganzen auch zu bekommen.
Keine Gewährleistungspflichten
Es ist wie im Restaurant: Wenn ich auf der Speisekarte ein Schnitzel auswähle, weiß ich nicht, wie es am Ende zubereitet ist und schmecken wird – aber ich habe ein Anrecht darauf, dass mir ein Schnitzel serviert wird und kein eingelegter Hering. Andernfalls hätte ich ein Reklamations- oder Rücktrittsrecht. Die Väter des Grundgesetzes, ausgehend von damals noch außer Frage stehenden Prinzipien, Grundanstand und Integrität der politischen Verantwortungsträger in der neuen Bundesrepublik, versäumten es leider, diese Garantiepflicht für grundsätzliche Programminhalte und Wahlversprechen, deretwegen die Bürger eine Partei gewählt haben, in der Verfassung zu fixieren und für den Fall ihres Bruchs strafrechtliche Konsequenzen und Wiederholung der Wahl vorzugeben. Hätten sie es getan, dann säße Friedrich Merz heute bereits im Knast.