Ein Gastbeitrag von Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes 1987-2017
Es war einmal, da gab es in Deutschland-West (also der „Bonner Republik“) eine „vierte“ Gewalt im Staate. Sie war nicht institutionell im Grundgesetz verankert, aber durch Grundgesetz Artikel 5 (1) programmatisch garantiert: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Es gab auch mal in Deutschland-West (nicht in Deutschland-Ost) eine Presse, die Skandale aufdeckte und Minister zu Fall brachte. Manchmal wurde dabei überzogen, aber dennoch war es gut so. Denn die Pressefreiheit war als demokratischer Eckwert auf schwierigem Wege errungen worden, sie war nie etwas Selbstverständliches. Sie musste ab der Aufklärung und oft unter großen Opfern erkämpft werden: in England durch die Bill of Rights, in den USA erstmals 1776 in Virginia, dann 1791 in der US-Verfassung. In Deutschland dauerte es etwas länger, und immer wieder gab es hier Rückschläge: 1819 durch die Karlsbader Beschlüsse mit erneuter Zensur und Unterdrückung, vorübergehend mit einer Lockerung durch die Märzrevolution von 1848, dann wieder mit einem Zurück zu Gängelung mit der Reichsgründung von 1871 und einem Gesetz über die Presse. Erst mit der Weimarer Verfassung 1919 gab es wieder ein liberales Pressegesetz ohne Zensur – für knapp 14 Jahre.
Dass die Presse ab 1933 „gleichgeschaltet“ wurde, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Doch es braucht eine Rückbesinnung. Das NS-Schriftleitergesetz, in Kraft ab 1. Januar 1934, machte Journalisten nämlich zu Staatsdienern. Propagandaminister Joseph Goebbels hatte bereits am 6. April 1933 erklärt, zur NS-Politik müsse man sich "mit einem klaren Ja oder einem klaren Nein bekennen; und dieses Ja oder Nein duldet kein Wenn und kein Aber … Die geistigen Kräfte des deutschen Journalismus, die sich zu einem Ja verpflichten, können der wärmsten ideellen und materiellen Unterstützung der Regierung gewiss sein."
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